1950, beim Amtsantritt Pfarrer Fiebigs, umfasste die ev. Gemeinde Weiden nur ca. 2800 Gemeindeglieder in den damals selbständigen politischen Gemeinden Lövenich und Brauweiler sowie 12 Dörfern. Pfarrer Fiebig sah das gewaltige Wachstum seiner Gemeinde voraus.
Wachstumsjahre – Baujahre
Als er 1963 mit 70 Jahren in den Ruhestand ging (um noch eine Reihe von Jahren in der Krankenhausseelsorge tätig zu sein), konnte er auf eine beeindruckende Bilanz zurückblicken: Er war nicht nur Theologe und Seelsorger in der Gemeinde gewesen, sondern auch ein großer und geschickter (Finanz-)Organisator und Bauherr. In seiner Amtszeit wurden viele entscheidende kirchliche Bauvorhaben unserer heutigen Großgemeinde geplant und zumeist auch durchgeführt:
1951 Bau des Gemeindezentrums in Brauweiler; 1957 des dortigen Pfarrhauses.
1953 der erste große Umbau des Gemeindezentrums in Weiden.
1958 Bau des Gemeindezentrums in Junkersdorf an der Birkenallee mit Räumen für ein Jugendheim und Gemeindemitarbeiter-Wohnungen. Seit dieser Zeit finden regelmäßige Gottesdienste nun auch in Junkersdorf statt. Die Pläne für den Kirchbau in Junkersdorf waren dann auch bald fertig; 1965 wurde der Bau beendet und die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche eingeweiht.
1960 Bau der Christuskirche in Königsdorf.
1963 Bau der Gnadenkirche in Brauweiler.
Neue Bezirke und Pfarrstellen
Die Zahl der Gemeindeglieder wuchs stetig, und als Folge entstanden immer neue Bezirke mit neuen Pfarrstellen:
1955 kam Paul Rothfahl nach Brauweiler auf die neugegründete Gemeindemissionarsstelle, die dann 3. Pfarrstelle wurde und mit Pfarrer Klaus Klos besetzt wurde.
1963 kam in Junkersdorf Richard Mengel in die 2. Pfarrstelle; er versorgte zugleich den Bezirk Widdersdorf.
In Widdersdorf wurde die 5. Pfarrstelle 1977 eingerichtet. (Geyen, Sinthern, Manstedten wurden von Brauweiler abgetrennt und Widdersdorf zugeordnet.)
Zeitgleich wurde Pfarrer Helmut Klee (1963 – 1970) auf der nun 1. Pfarrstelle im Bezirk Weiden Pfarrer Fiebigs Nachfolger; 1970 – 1980 folgte dann Pfarrerin Ilse v. Waechter.
1973 wurde in Weiden-Süd wegen des großen Neubaugebiets und damit verbundenen Zuzugs von Gemeindegliedern die 4. Pfarrstelle eingerichtet und 1974 – 1980 Dr. Hans-Georg Link übertragen. Pfarrwohnung und Gemeinderäume lagen in der Ignystr. 6, wo alsbald auch viele Kreise und Veranstaltungen stattfanden – wie z. B. Neuzugezogenen-Treffs, Senioren- und Konfirmanden-hauskreise. Der Bezirk Weiden wurde so zum „Doppelbezirk“ mit zwei Pfarrstellen bei einer Predigtstätte.
1968 kam Pastor Helmut Schmale auf eine Gemeindemissionarsstelle nach Königsdorf , die 1993 zur 6. Pfarrstelle wurde.
Die Ev. Gemeinde Weiden war binnen weniger Jahrzehnte zu einer Großgemeinde von 15.000 Gemeindegliedern (1980) angewachsen und kaum noch zu überschauen. Der Gesamtzusammenhang war oft nicht mehr zu erkennen, immer mehr trat der einzelne Bezirk jetzt in den Vordergrund. Die Bezirke waren sehr unterschiedlich geprägt und unterschieden sich auch durch die Sozialstruktur ihrer Gemeindeglieder.
Das Presbyterium
Das starke Anwachsen der Gemeindegliederzahl, der Predigtstätten und der Pfarrstellen ließ auch das Presbyterium sehr viel größer werden. Hieraus folgten auch z. T. heftige Auseinandersetzungen über anstehende theologische, politische wie auch strukturelle Fragen: Welches Gemeindeverständnis haben wir? Wie wird die Aufgabe des Gottesdienstes verstanden? Welche Form der Jugendarbeit soll es in unserer Gemeinde geben?
Neue Aktivitäten und Gruppen
Angeregt auch durch Besuche der ev. Kirchentage entstanden in den einzelnen Bezirken neue Gruppen, die sich z. B. um Gottesdienste in neuerer Gestalt bemühten (wie auch Liturgische Nächte), Diskussionsrunden einberiefen oder auch zu Gemeindeseminaren führten. In dieser Zeit – den 70er Jahren – entstanden viele neue Gruppen in Weiden: z. B. ein Besuchsdienstkreis; Seniorenkreise, Gesprächskreise und auch ein Gemeindebrief- Redaktionskreis, der im Dezember 1971 mit Pfarrerin von Waechter einen ersten Gemeindebrief erstellte („Berichte und Mitteilungen“; seit 1975 mit dem Titel „Begegnungen“ – Evangelischer Gemeindebrief für Weiden und Lövenich).
Auch die infolge des 2. Vatikanischen Konzils (1962 – 1965) von röm.-kath. Seite verstärkt betriebene Öffnung für die Ökumene fand schließlich ihren Niederschlag in Weiden: Pfarrer Link konnte innerhalb der „Woche für die Einheit der Christen“ am 24.1.1976, einem Samstagabend, in Weiden erstmals zusammen mit der kath. Gemeinde St. Marien zu einem ökumenischen Gottesdienst einladen, dem später gemeinsame Bibelseminare und andere gemeinsame Veranstaltungen folgten. Die Ökumene im Stadtteil Weiden wuchs und blühte auf.
Kirchliche und kommunale Neugliederungen
1964 wurde das ev. Köln neu strukturiert: Der Stadtkirchenverband (in der Kartause) mit einem Stadtsuperintendenten und vier Kirchenkreisen trat an die Stelle des bisherigen riesigen Kirchenkreises Köln; die Gemeinde Weiden gehörte jetzt zum Kirchenkreis Köln-Nord: sie war dort die bei weitem größte ev. Gemeinde (die frühere Muttergemeinde Frechen war dagegen jetzt beim Kirchenkreis Köln-Süd).
1975 war dann kommunalpolitisch ein bedeutsames Ereignis: die große Gebietsreform mit ihren Eingemeindungen von Junkersdorf, Weiden, Lövenich und Widdersdorf nach Köln bedeutete, dass die ev. Gemeinde Weiden politisch nunmehr zur größeren Hälfte zum Kölner Bezirk Lindenthal und zur kleineren Hälfte zu den Gemeinden Frechen und Pulheim gehörte. Dies führte zu einer Aufsplitterung der kommunalen Verwaltungszuständigkeiten.
Neu- und Umbauten der 70er Jahre
Das starke Wachsen der Gemeinde machte auch weitere Ergänzungsbauten notwendig.
1971 wurde das Gemeinde- und Küster-Wohnhaus neben dem Weidener Gemeindezentrum errichtet, das auch die Weidener Diakonie- und Schwesternstation beherbergte. Außerdem wurde die Verwaltung aller Gemeindebezirke im Gemeindeamt der (Groß-)Gemeinde Weiden zentralisiert, das auch in dieses Haus einzog.
Auf dem Gelände nebenan entstand der Weidener Ev. Kindergarten, der 1973 eröffnet werden konnte und dieses Jahr sein 25jähriges Jubiläum feiert (ausführlicher Bericht im nächsten Gemeindebrief).
1978 war (nach 1953) ein abermaliger großer Umbau des Weidener Gemeindezentrums nötig, den die Architekten H. J. Reich und J. Koerber durchführten. Neben vielen Umbauten und Renovierungen im Kirchsaal und den Gemeinderäumen Parterre wurden jetzt auch die Räume der Singschule im 1. Stock umgebaut und verschönert.
Das Ev. Gemeindezentrum Weiden bekam mit der feierlichen Einweihung zu Pfingsten (am 21. und 22.5.1978) den Namen „Jochen-Klepper-Haus“ nach dem schlesischen Schriftsteller und Liederdichter.
Im Ev. Gesangbuch finden Sie u. a. die Lieder Nr. 16 „Die Nacht ist vorgedrungen“ und Nr. 452 „Er weckt mich alle Morgen“. 1942 ging Jochen Klepper mit seiner jüdischen Frau und einer Tochter freiwillig in den Tod.
Vor dem Haupteingang wurde ein Gedenkstein errichtet mit der Inschrift:
„Gott ist größer als unser Herz“
(1. Joh. 3,20).
So soll auch heute und in Zukunft Jochen Kleppers Name unserer Gemeinde im Gedächtnis bleiben.